Plant man eine Fahrt nach Irland, trifft man unweigerlich auf eine Person, die bereits auf der grünen Insel ihren Urlaub verbracht hat. Jene Irlandexperten können es zumeist nicht erwarten, ihren in der einen Woche angesammelten Erfahrungsschatz mit jedem zu teilen, der nicht bei Drei auf dem Baum ist. Hierbei kann der geneigte Zuhörer immer wieder die gleichen Sätze vernehmen: „Die Landschaft ist unglaublich“, „Das Wetter ist halt typisch irisch“ und „Die Menschen sind einzigartig“ sind ein paar Auszüge aus dem breiten Floskelsammelsurium, welches die Irlandexperten nach Bedarf abfeuern können. Der Leidgeprüfte Strandurlauber in mir dechiffriert und übersetzt diese Floskeln mit: „Die Umgebung sieht unfassbar eintönig aus“, „Das Wetter war Mist“ und „Die Bewohner sind rüpelhaft und unhöflich.“
Trotzdem lohnt sich jede Reise mit der Roverrunde und so waren wir alle mit einer geradezu ungezogenen Vorfreude nach Irland geflogen. Wir waren bereit, eine grandiose Zeit zu verbringen und hatten größte Lust, dieses Land zu erkunden, welches, wo es doch so nah, uns so fremd ist. Die angesprochene Vorfreude steigerte sich in universelle Höhen, als wir unser Boot entdeckten. Vielleicht waren wir leicht parteiisch, als wir meinten, dass wohl noch nie ein schöneres Boot zu Wasser gelassen wurde. Es würde nicht nur unser Fortbewegungsmittel, nein es würde auch unser Zuhause für die nächste Woche sein. Wir verloren keine weitere Zeit und stachen in See. Beziehungsweise den Fluss Shannon, das war der Name des Flusses, der uns auf unserer Reise begleiten sollte.
Die Landschaft, die man vom Fluss aus beobachten konnte, konnte man in drei Farben einteilen. Schwarz, Weiß, Grün. Doch waren es nicht normale Farben. Das Schwarz des Shannons, durch das sich unser Boot so zielsicher wie ein Hai schob, schien so unendlich dunkel, als wäre es aus den Tiefen des Universums geklaut. Das Weiß der Wolken am Himmel war rein und klar und das Grün, der Wiesen, über das schon so viel geschrieben wurde, glich einer Art Urgrün. Auf dem Bug des Bootes sitzend war ich mir sicher, dass es das erste Grün war, das je auf der Erde existiert hat. Schaute man in den Horizont so schien die Zeit stehen zu bleiben. Man bemerkte die Regentropfen nicht, die langsam anfingen, von diesem unendlichen Weiß herunter zu tropfen.
2 Stunden später. Mittlerweile bemerkten wir die Tropfen. Wir stellten uns in einem Pub unter. Dieser war gesteckt voll. Nun war wohl der Zeitpunkt gekommen, an dem wir die „einzigartigen Menschen“ kennenlernen sollten. Ich muss zugeben, uns stand mehr danach, eine Tasse heißen Kakao und trockene Kleidung kennenzulernen. Es war ein Montagnachmittag und trotzdem bekamen wir kaum einen Sitzplatz. Nun schlug über uns ein Tsunami der guten Laune ein. Besser vermag ich dieses Gefühl nicht zu beschreiben. Irgendwo spielte eine Band und jeden dieser Iren umgab eine Aura guter Laune. Jeder schien sich mit jedem blendend zu verstehen. Als würden sie sich schon seit Jahren kennen. Es war wie auf einem großen Familienfest, nur ohne den einen Verwandten, den niemand wirklich mag und der wenig später sturzbesoffen, völlig falsch und halbnackt die Nationalhymne singt. Kurzum: Unvorstellbar.
Das war der erste Tag. Auf unserer Irlandreise erlebten wir noch unzählige Abenteuer aber das würde wahrscheinlich den Rahmen dieses Berichts sprengen. Die Irlandfahrt war nur möglich dank unserer Leiter: Philipp Farkas und Carolin Süss. Dafür bedanken wir uns ganz herzlich. Es war ein unvergessliches Erlebnis.
Übrigens. Wir können nur empfehlen, selber nach Irland zu reisen. Die Landschaft ist unglaublich, das Wetter ist halt typisch Irisch und die Menschen sind einzigartig.
Jona Bertels